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01.04.2022, Roman Paulus

Benachteiligungsvorsatz? Zum Zahlungsverhalten des zahlungsunfähigen Schuldners gegenüber einem Sozialversicherungsträger

Ob das Zahlungsverhalten des zahlungsunfähigen Schuldners gegenüber einem Sozialversicherungsträger den Schluss rechtfertigt, dass der Schuldner wusste oder billigend in Kauf nahm, seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können, richtet sich nach einer Gesamtwürdigung, insbesondere der Dauer des Rückstands für einzelne Beitragsmonate, des Zeitraums, in dem rückständige Beiträge auftreten, und der Entwicklung der rückständigen Beiträge. Fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs, die bereits zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung bestanden und bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, sprechen für einen Benachteiligungsvorsatz, wenn sie nach Art, (Gesamt-)Höhe, Anzahl und Bedeutung den Schluss zulassen, dass der Schuldner bereits zum Zeitpunkt der Rechtshandlung erkannt oder billigend in Kauf genommen hat, diese Verbindlichkeiten nicht mehr vollständig befriedigen zu können.

BGH, Urteil v. 28.4.2022, Az.: IX ZR 48/21

Die Entscheidung bestätigt die neuere BGH-Rechtsprechung, wonach nicht alleine aus einer angenommenen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auf den Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden kann. Maßgeblich sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der jeweils angefochtenen Rechtshandlung. Die spätere Entwicklung nach der angefochtenen Rechtshandlung darf nur in die Würdigung einbezogen werden, soweit die Tatsachen ihrer Art nach ohne Rückschaufehler einen verlässlichen Schluss auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Rechtshandlung erlauben.

Die Praxisrelevanz dieser Rechtsprechung zeigt sich, in der Abschichtung wie sie der BGH vornimmt:

Wenn im fraglichen Zeitpunkt Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden haben und diese bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht getilgt wurden, ist ein gewichtiges Indiz für eine Zahlungseinstellung anzunehmen.

Jedoch nur dann, wenn zu diesem Zeitpunkt vom Schuldner erkannt wurde oder billigend in Kauf genommen wurde, sie nicht mehr vollständig befriedigen zu können, kann dies für einen Benachteiligungsvorsatz sprechen. Im Umkehrschluss kann die Erwartung auf einen Zahlungseingang, aus dem die Verbindlichkeiten beglichen werden sollen, den Benachteiligungsvorsatz entfallen lassen.

 

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